Lebertransplantation bei Kindern
Wir zählen zu den größten Zentren für Lebertransplantation in Deutschland. Jährlich werden ca. 20–25 Kinder und Jugendliche am Universitätsklinikum Essen transplantiert. Seit 1998 sind dies mittlerweile über 400 Patienten. Ein großer Teil der Kinder erhält eine Lebendspende durch ein Elternteil. Die Erfolgsaussichten nach Lebertransplantation sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Das Langzeitüberleben mit Spenderleber beträgt bei Transplantation im Kindesalter ca. 80-90% – oft mit einer guten Lebensqualität.
durchgeführte Transplantationen
Eine Lebertransplantation ist erforderlich, wenn alle anderen zur Verfügung stehenden medikamentösen und chirurgischen Maßnahmen nicht zu einer ausreichenden Behandlung der Erkrankung führen. Meist ist sie die einzige Möglichkeit das Leben des Kindes zu retten. Der häufigste Grund für eine Lebertransplantation im Kindesalter ist eine Leberzirrhose (bindegewebiger Umbau der Leber) in Folge einer angeborenen oder sich früh manifestierenden Lebererkrankung. Häufigste Ursache für eine Leberzirrhose im Kindesalter ist die Gallengangatresie, bei der der Galleabfluss über die Gallenwege gestört ist. Die Ursache hierfür ist unklar. Andere wichtige Gründe für eine Lebertransplantation im Kindesalter sind das akute Leberversagen bei zuvor lebergesunden Kindern, bösartige Lebertumoren, die durch Tumorresektion nicht geheilt werden können sowie Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel ein Harnstoffzyklusdefekt.
Aufgrund der Größenunterschiede zwischen erwachsenen Spendern und kindlichen Empfängern und da kindliche Organspender selten zur Verfügung stehen, erhält ein Kind bei einer Lebertransplantation oft einen Teil der Leber eines Erwachsenen, einen sogenannten Lebersplit. Dies ist möglich, da die Leber entlang der Lappen- und Segmentgrenzen geteilt werden kann. Bei Säuglingen und Kleinkindern erfolgt oft die Transplantation eines Teils des linken Leberlappens (Links-lateraler Split: Segment II und III der Leber). Mit dieser Technik kann eine einzelne Spenderleber unter Umständen das Leben von zwei Personen: das eines Kinde und eines Erwachsenen retten. Oft können Eltern oder nahe Angehörige einen Teil ihrer Leber (meist den links-laterale Split) einem Kind spenden. Ob diese Möglichkeit in Frage kommt, wird in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie geprüft. Bei der Transplantation eröffnen die Chirurgen den Bauchraum und entfernen die geschädigte Leber. Anschließend werden die Spenderleber eingesetzt und die Blutgefäße miteinander verbunden. Danach erfolgt die Naht des Gallenganges oder das Annähen einer Dünndarmschlinge auf die Leber zur Gewährleistung des Gallenflusses. Bei Schwellung des Transplantats oder bei in Relation zum Organempfänger großem Spenderorgan kann es erforderlich sein, vorübergehend die Bauchhaut nicht komplett zu verschließen, sondern einen Bauchpatch (eine Art sterile Plastikhaut) einzusetzen, die dann meist nach wenigen Tagen wieder entfernt werden kann. Nach der Lebertransplantation werden die Kinder zunächst auf der Kinderintensivstation K1 und später auf der kindergastroenterologischen Station K2 weiterbetreut. Der gesamte stationäre Aufenthalt nach einer Lebertransplantation im Kindesalter beträgt ca. 3-6 Wochen.
Nach der Transplantation ist eine Unterdrückung des Immunsystems mit Medikamenten erforderlich, damit das fremde Organ nicht abgestoßen wird. Dies wird als Immunsuppression bezeichnet. Die Medikamente (Immunsuppressiva) richten sich allerdings nicht nur gegen die Abwehr des fremden Organs, sondern schwächen auch die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder Pilze. Folge ist eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen vor allem währen der ersten Monate nach Transplantation. Andere Nebenwirkungen der Immunsuppressiva sind ein erhöhter Blutdruck, eine Schädigung der Nieren oder ein gehäuftes Auftreten von bösartigen Tumoren. Durch eine Kombination verschiedener Medikamente in geringerer Dosierung können die Nebenwirkungen minimiert werden.
Neben der intensiven Betreuung und Versorgung des Kindes nach Transplantation ist die frühzeitige Diagnosestellung möglicher Komplikationen von essentieller Bedeutung. Wichtig hierbei ist ein erfahrenes Behandlungsteam bestehend aus Transplantationschirurgie, Kinderintensivpflege, pädiatrischer Gastroenterologie und Intensivmedizin sowie zahlreichen weiteren Disziplinen wie dem psychosozialen Dienst und der Physiotherapie. Zu den häufigen Komplikationen nach pädiatrischer Lebertransplantation gehören Gefäßthrombosen (Verschlüsse durch Blutgerinnsel) der zu- und abführenden Lebergefäße. Das höchste Risiko hierfür besteht während oder kurze Zeit nach der Transplantation. Durch engmaschige Ultraschallkontrollen können Thrombosen meist frühzeitig erkannt werden, die Therapie erfolgt dann meist im Rahmen einer erneuten Operation zur Entfernung des Thrombus (Thrombektomie). Weitere mögliche Komplikationen sind das Auftreten eines Gallelecks (Galleverlust aus der Nahtstelle des Gallenganges), einer Darmperforation (Loch im Darm), einer Nachblutung (oft durch Sickerblutung an den Resektionsrändern), einer Transplantatabstoßung oder einer Infektion. In dieser Situation ist es wichtig, dass der eigentliche Transplantationserfolg dennoch meist gegeben ist, auch wenn sich der Genesungsverlauf möglicherweise durch eine weitere Operation oder Therapie verzögert.
Nach Abschluss der stationären Behandlung erfolget die weitere Betreuung der Kinder über unsere Transplantationsambulanz (LTX Ambulanz). Darüber hinaus steht für Notfälle jederzeit ein Ansprechpartner (Dienstarzt oder Rufdienst für lebertransplantierte Kinder) zur Verfügung. Insbesondere in der Frühphase nach Transplantation empfehlen wir eine frühzeitige Kontaktaufnahme bei Fieber, Erbrechen oder generellem Unwohlsein.
Jedes Kind, das eine Lebertransplantation bekommen soll, muss auf die Warteliste zur Lebertransplantation bei Eurotransplant aufgenommen werden unabhängig davon, ob eine Verstorbenenspende oder eine Lebendspende geplant ist. In Abhängigkeit von Alter und Diagnose des Patienten erfolgt die Zuweisung eines Punktwertes für die Warteliste zur Lebertransplantation (MELD = Model of Endstage Liver Disease). Vor der Anmeldung auf die Warteliste werden umfangreiche Untersuchungen im Rahmen eines stationären Aufenthaltes durchgeführt. In diesem Rahmen erfolgen auch bereits die Aufklärungen Anästhesie und Chirurgie. Auch eine Vorstellung in der Transplantationspsychosomatik ist erforderlich.
Während der Wartezeit stellt sich die Familie zu regelmäßigen Kontrollen in unserer kindergastroenterologischen Ambulanz vor. Falls das Kind vorübergehend nicht transplantabel ist, z.B. bei akuter Erkrankung, muss dies dem Transplantationszentrum sofort mitgeteilt werden. Die Erziehungsberechtigten müssen rund um die Uhr für den Fall eines Organangebotes telefonisch erreichbar sein. Bei Organangebot zur Lebertransplantation wird das betreuende Transplantationszentrum durch Eurotransplant informiert. Nach Akzeptanz des Angebots durch die Transplantationschirurgen und pädiatrische Gastroenterologen wird die Familie informiert und einbestellt. Das Transplantationsbüro des UK Essen fungiert dann als Bindeglied zwischen Eurotransplant und der Spenderklinik auf der einen Seite und unserem Transplantationszentrum mit dem Organempfänger auf der anderen Seite.
Vor der Aufnahme auf die Warteliste findet nach den Richtlinien der Bundesärztekammer eine interdisziplinäre Konferenz statt. In dieser Konferenz entscheiden mindestens drei Ärzte, wovon einer unabhängig vom Transplantationsprogramm sein muss, ob alle Bedingungen für die geplante Wartelistenaufnahme erfüllt sind.
Gastroenterologische Ambulanz
Evaluation und Listung zur Lebertransplantation
Transplantationschirurgie
Transplantationsambulanz
Über unsere Transplantationsambulanz, auch Nachsorgeambulanz, werden die Patienten nach Transplantation zunächst wöchentlich von uns gesehen. Die Abstände der Vorstellungen werden im Verlauf verlängert, so dass nach 2 Jahren oft nur noch eine Vorstellung pro Quartal erforderlich ist. Bei stabiler Transplantatfunktion erfolgen die Kontrollen dann oft in Zusammenarbeit mit dem betreuenden Kinderarzt.
Ansprechpartner
Öffnungszeiten
Mo – Fr | 8:00 – 17.00 |